Grüne stimmen dem Straubinger Haushalt nicht zu – Ferides Haushaltsrede

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

die Ereignisse der vergangenen Woche, insbesondere der plötzliche Rücktritt des Dingolfinger Bürgermeisters, haben viele von uns tief erschüttert und erfüllen uns mit großer Betroffenheit. Unsere Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker sehen sich zunehmend persönlichen Angriffen, Beleidigungen und sogar Bedrohungen ausgesetzt – und das in einer Intensität, die eine gefährliche Eskalationsstufe gesellschaftlicher und politischer Verrohung markiert. Dem müssen wir gemeinsam mit aller Entschiedenheit entgegentreten. Denn es steht viel mehr auf dem Spiel: der Schutz unserer Demokratie und der Respekt füreinander, ohne die unsere offene Gesellschaft nicht Bestand haben kann.

Respekt in der politischen Auseinandersetzung

Politischer Streit gehört dazu. Aber: Er braucht Respekt. Wenn wir anfangen, die demokratische Konkurrenz verächtlich zu machen, wenn Andersdenkende zu Feinden erklärt werden, dann schwächen wir das Vertrauen in alle demokratischen Institutionen. Für uns Grüne gilt: Das demokratische Spektrum reicht von der Linken bis zum konservativsten CSUler. In diesem Spektrum diskutieren wir pragmatische Lösungen für das Wohl der gesamten Bevölkerung. In diesem Spektrum dürfen wir hart ringen – aber immer mit Achtung voreinander.

Es hilft am Ende nämlich nur den Feinden der Demokratie, wenn ein Parteivorsitzender und Ministerpräsident ohne Unterlass verkündet: „Die Menschen in Partei XY gehören nicht zu uns.“ Es hilft am Ende nur den Feinden der Demokratie, wenn ein Fraktionsvorsitzender im Straubinger Stadtrat in seiner letztjährigen Haushaltsrede dem damaligen Wirtschaftsminister unterstellt, er wolle (ich zitiere:) „bewusst darauf hinarbeiten, die wirtschaftliche Basis unseres Landes zu schädigen.“

Es hilft am Ende nur den Feinden der Demokratie, wenn solche Diffamierungen, egal in welche Richtung, dann hier im Gremium mit Beifall und Gelächter quittiert werden. Es hilft am Ende aber auch nur den Feinden der Demokratie, wenn wir unsere Unterschiedlichkeit nicht pflegen, wenn wir den Leuten ein „Friede, Freude, Eierkuchen“ vormachen. Wir haben hier im Straubinger Stadtrat keinen Einheitsbrei an Meinungen und das ist auch gut so. Es ist entscheidend, dass wir den Wählerinnen und Wählern unsere unterschiedlichen Ansätze aufzeigen.

Schwierige Finanzlage – aber nicht alles ist Schicksal

Die Eckdaten des Haushaltes 2026 sind schwierig. Die Ursachen sind vielfältig: steigende Ausgaben, die uns auferlegt werden, steigende Kosten, allgemeine wirtschaftliche Unsicherheiten, hohe Baupreise und die Folgen der Krisenjahre.

Aber: Nicht alles ist „höhere“ Gewalt.

  • Zehn Jahre Rathausbaustelle – ein Projekt, das sich zieht, Kosten verschlingt und Vertrauen kostet.
  • Fehlentscheidungen beim Dechanthof, bei Westpark und Nikola-Park, gebrochene Zusagen – all das trägt zur finanziellen Belastung und zur wachsenden, hausgemachten Politikverdrossenheit bei.

Entnahmen aus den Betrieben – teuer erkaufter Haushalt

Besonders kritisch sehen wir die geplanten Entnahmen von insgesamt 16,8 Millionen Euro:

  • 5 Millionen vom Eigenbetrieb Straubinger Stadtentwässerung und Straßenreinigung
  • 11,8 Millionen von den Stadtwerken

Diese Mittel werden zur Haushaltskonsolidierung herangezogen. Kurzfristig wird dadurch der Haushalt 2026 entlastet – aber langfristig entziehen wir unseren kommunalen Unternehmen finanzielle Stabilität. Beide Betriebe stehen vor gewaltigen Zukunftsaufgaben und dieser Haushalt schwächt ihre Investitionskraft und gefährdet künftige Handlungsspielräume.

Die Stadtwerke sichern unsere Energieversorgung, investieren in Klimaschutz und sind das Rückgrat der Daseinsvorsorge in Straubing. Wer ihnen die Rücklagen entzieht, schwächt ihre Wettbewerbsfähigkeit zu Lasten der Straubingerinnen und Straubinger. Es wäre besser, wir würden den Stadtwerken das Geld nicht wegnehmen, sondern es ihnen lassen, um durch günstigere Preise im harten Marktwettbewerb bestehen zu können.

Fehlende strategische Linie in der Stadtentwicklung

Straubing steht an einem Punkt, an dem eine klare und vorausschauende Stadtentwicklung dringender notwendig ist als je zuvor. Einige Entscheidungen der vergangenen Jahre haben Entwicklungen ausgelöst, die wir heute kritisch hinterfragen müssen, weil sie langfristige Auswirkungen auf die wirtschaftliche und städtebauliche Zukunft unserer Stadt haben.

Ein Beispiel ist die Umwidmung des Feiertagsackers zugunsten großflächigen Einzelhandels, obwohl ursprünglich Wohnbebauung vorgesehen war. Diese Entscheidung hat unmittelbare Folgen für unsere Innenstadt. Mit inzwischen sieben Lebensmittelversorgern im Bereich um den Westpark ist absehbar, dass ein weiterer Anbieter die letzten verbliebenen Lebensmittelvollsortimenter in der Innenstadt gefährden wird. Das schwächt nicht nur den innerstädtischen Handel in Straubing, sondern mindert auch die Attraktivität innenstadtnahen Wohnens. Innenstadtnahes Wohnen ist aber eine zentrale Chance, um unser Stadtzentrum lebendig und attraktiv aufzustellen. Solche Chancen dürfen wir künftig nicht mehr verspielen.

Ja, es stimmt: Der Online-Handel macht den Innenstädten in ganz Deutschland zu schaffen, nicht nur in Straubing. Dennoch müssen wir uns die Frage stellen, ob die Ansiedlung eines Amazon-Verteilzentrums auf über 3,7 Hektar wertvoller Gewerbefläche im Hafen eine Entscheidung mit nachhaltigem Mehrwert war. Logistikstandorte dieser Art schaffen nur wenige qualifizierte Arbeitsplätze, generieren geringe Steuereinnahmen und blockieren Flächen, die wir für wertschöpfungsstarke Unternehmen benötigen.

Eine moderne Wirtschaftsförderung setzt auf Innovation, Fachkräfte und langfristige Wertschöpfung – nicht auf Flächenverbrauch ohne strategischen Nutzen. Unsere mittelständische Wirtschaft weiß, dass es entscheidend ist, Ressourcen klug einzusetzen und Zukunftsfähigkeit zu sichern. Diese Zukunftsfähigkeit ist entscheidend dafür, ob die Nachfolge in den Straubinger Unternehmen gelingt.

Wer heute in Energieeffizienz, erneuerbare Wärme, nachhaltige Mobilität und Fachkräfte investiert, handelt ökonomisch vernünftig. Eine Wirtschaftspolitik, die die Folgen des Klimawandels ignoriert, handelt kurzsichtig und am Ende unwirtschaftlich. Unsere mittelständischen Betriebe wissen, wie wichtig es ist, Ressourcen zielgerichtet einzusetzen und in Zukunftsfähigkeit zu investieren: in Energieeffizienz, erneuerbare Wärme, nachhaltige Mobilität und Fachkräftesicherung. Wer die wirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels ignoriert, handelt nicht sparsam, sondern kurzsichtig und letztlich unwirtschaftlich.

Ein weiteres Beispiel für strukturelle Herausforderungen ist die SAUV, die Städtische Ausstellungs- und Veranstaltungs-GmbH. Viele Probleme bestehen seit vielen Jahren, das ist richtig. Aber in 18 Jahren wurde keine nachhaltige Strategie entwickelt, um diese strukturellen Defizite zu reduzieren. Die Folgen werden nun sichtbar – im Haushalt und für alle Bereiche, die auf freiwillige Leistungen angewiesen sind. Untätigkeit an dieser Stelle belastet die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt erheblich.

Gleichzeitig sollte anerkannt werden, dass es vor allem die Leistung der Straubinger Unternehmerinnen und Unternehmer sowie der vielen Berufstätigen ist, die mit Gewerbe- und Einkommensteueranteilen unseren Haushalt in den vergangenen Jahren stabilisiert haben. Diese wirtschaftliche Grundlage verdient einen verantwortungsvollen Umgang.

Abschließend sei gesagt: Eine Stadtverwaltung ist kein Unternehmen – und soll es auch nicht sein. Aber im Unterschied zu einem Unternehmen trägt hier nicht ein Vorstand oder Geschäftsführer das Risiko, sondern die gesamte Straubinger Bevölkerung. Umso wichtiger ist es, Entscheidungen zukunftsorientiert, transparent und strategisch zu treffen. Genau diese Zukunftsorientierung vermissen wir an entscheidenden Stellen – und deshalb äußern wir diese Kritik in aller Sachlichkeit.

Konnexitätsprinzip – fair finanzierte Aufgaben

Wir begrüßen die Möglichkeiten, die uns vor Ort durch das Sondervermögen des Bundes geschaffen werden. Gleichzeitig stellen wir fest, dass eine Konsolidierung unserer Finanzen nicht durch Einmalhilfen gelingen wird. Schon gar nicht durch Einmalhilfen, deren aktuelle Gewährung durch die bayerische Staatsregierung nicht unabhängig von den anstehenden Kommunalwahlen gesehen werden kann.

Wir sprechen uns für eine konsequente Umsetzung des Konnexitätsprinzips bei Entscheidungen des Landes und des Bundes aus und werden dies auch bei Grüner Regierungsbeteiligung im Bund weiter einfordern und auch niemandem in Straubing den Roten Teppich ausrollen, der uns hierbei nicht unterstützt. Das bisherige Fördersystem speziell des Freistaats Bayern muss insgesamt auf den Prüfstand. Es müssen dauerhafte Strukturen gestärkt werden. Daran führt kein Weg vorbei.

Das Deutschlandticket oder der Kulturpass für 18-Jährige – das sind positive Beispiele für die Stärkung von Strukturen. Davon profitieren viele Straubingerinnen und Straubinger und beim Kulturpass haben neben den Jugendlichen unter anderem auch die Straubinger Konzertveranstalter, Buchhandlungen oder das Kino profitiert.

Wir alle wissen, dass Deutschland besonders unter der Kostenexplosion im Gesundheitsbereich leidet und das besonders die Situation der Krankenhäuser fatal ist. Schauen Sie nach Bogen, schauen Sie nach Mallersdorf. Schauen sie zum Städtischen Klinikum nach Passau. Schauen Sie zum Städtischen Krankenhaus in Landshut. Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie unser Haushalt erst aussehen würde, wenn wir ein städtisches Krankenhaus managen müssten.

Zum Schluss möchte ich allen danken, die unsere Stadt Straubing tragen: den vielen Ehrenamtlichen, unserer Feuerwehr, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung und der städtischen GmbHs. Ihr Engagement hält Straubing zusammen – dafür herzlichen Dank.

Fazit

Meine Damen und Herren,

der Haushalt 2026 geht an Reserven ran, die wir noch dringend brauchen werden.

Deshalb können wir ihm nicht zustimmen.

Vielen Dank.